Dûr – The Distant

Ende 1997 besuchte ich mein Dorf nach vielen Jahren wieder.
Bei meinem ersten Schritt in mein Dorf durchfuhr ein seltsamer Schauder meinen ganzen Körper. Außer einigen alten Menschen, die die Einsamkeit von Jahrhunderten auf ihren Gesichtern widerspiegelten, war niemand da. Keine Stimme des Lebens. Auch keine Stimme eines Kindes. Ich fand mich in einem verlassenen Raum wieder. Einem Raum, in welchem ich mich an jeden Stein, jeden Baum, jeden Bach und jede Mauer blind erinnerte. Ich ging durch die Straßen. Bei jedem Schritt, den ich machte, tauchte die Vergangenheit wieder lebhaft in meinem Bewusstsein, mit all seiner Kraft, auf. Dann realisierte ich, aus den feuchten und trauernden Augen, die mich durch die schattigen Tore anguckten, ist, dass ich zwei Generationen verloren habe. Es gibt keine jungen Menschen und Kinder mehr in ihrer Welt mehr. Selbst wenn sie gingen, weil sie es mussten, war es ein Verzicht für die übrig gebliebenen.

Diese Generationen mahlen nun die Zeit in den Mühlen des Westens. Jeder Zentimeter der Erde, durchdrungen von Erinnerungen, jede Spur der einstigen lebendigen Atmosphäre brachte mich dazu, mich selbst in Frage zu stellen. Es gibt einen inneren Drang zur Dokumentation in der Natur des Menschen, denke ich. Wahrscheinlich war es dieser innere Antrieb, der mich ohne innere Grenzen filmen ließ. Aber irgendwann begann sich eine gegenteilige innere Tendenz bezüglich meiner Dreharbeiten zu entwickeln; warum filme ich, für wen? Was sollte bei diesen Aufnahmen herauskommen? Das Leben trug sich zu und ich habe es nur gefilmt. Dann hörte ich auf zu filmen. Ich glaube, ich war in einen Kampf über die Rolle von Dokumentation und Kunst im fließenden Leben verwickelt. Nach einer Weile ließ ich die Kamera wieder laufen… und ich wollte sie sowohl auf die die Verbliebenen und als auch auf die Verstreuten richten.