Kurdisches Filmschaffen in der Türkei
Wir haben uns dieses Jahr für einen Fokus auf das reichhaltige kurdische Filmschaffen in der Türkei entschieden. Seit vielen Jahrzehnten entstehen hier – oft unter schwierigen Bedingungen – interessante und berührende Werke. Die Retrospektive erstreckt sich von 1982 (Yol) bis 2020 (u.a. Momê) und spiegelt vielfältige kurdische Perspektiven aus der Filmszene eines Landes, in dem die Ausdrucksfreiheit und Unterstützung für kurdische Künstler*innen immer wieder repressiven Strukturen ausgesetzt ist. Das breite Panorama an über 40 Filmen, kuratiert von der Filmemacherin und Künstlerin Leyla Toprak, gibt einen tiefen und diversen Einblick und greift Themen zu Umwelt, Feminismus, Kriegsvergangenheit, Bildung, Migration und das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft auf.
Auch in den kommenden drei Jahre wird der Fokus jeweils auf eine kurdische Region gelegt. Unser Publikum in Berlin entdeckt innerhalb der Fokusreihen Filmlandschaften, die sehr reichhaltig sind, jedoch in der internationalen Filmwelt oft wenig Sichtbarkeit erfahren.
Wir zeigen unter anderem die neue Schnittfassung von YOL (Der Weg) von Yilmaz Güney, Gewinner der Goldenen Palme in Cannes 1982. Ein Film der aus dem Gefängnis in der Türkei heraus entstanden ist und als Meilenstein des kurdischen Filmschaffens gilt. Die Dokumentarfilme DUST CLOTH (Toz Bezi, 2015) der Regisseurin Ahu Öztürk und DAS JUNGGESELLENHAUS (Bekar Evi, 2019) von Dirk Schäfer begleiten kurdische Putzkräfte, Bauarbeiter und Straßenhändler in Istanbul. Berührende Portraits über Freundschaft und Blicke in eine Gesellschaft, in der die ethnische und soziale Herkunft Erschwernis und Hindernis sein kann. Der experimentelle Dokumentarfilm AETHER (2019) von Rûken Tekeş beschäftigt sich in kraftvollen Bildern mit Entstehung, Zerstörung und Wiedergeburt. Hasankeyf, eine uralte Stadt der Antike, die im Tigris-Tal im kurdischen Teil der Türkei liegt, soll im Zuge des Baus eines Staudamms in den Fluten eines künstlichen Sees untergehen.